Euro 2018
Interview mit Fiona Sieber
17.03.2018 - 16:03

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Frage: Fiona, 2016 bist du bereits Europameisterin geworden, dort allerdings „im Einzel“. Nun geht es im in der Mannschaft um den Titel. Was kannst du den anderen Deutschen Startern als Tipp mit auf den Weg geben, was man tun muss, wenn man Europameister werden will?

Antwort: Es gilt dasselbe wie bei jedem Turnier: Entscheidend sind intensives Training und der Wille zum Sieg. Für die langfristige Vorbereitung hat jeder Spieler sein eigenes Trainingskonzept. Während des Turniers sollte man sich ausschließlich auf die aktuelle Partie konzentrieren. Das ist natürlich kein Geheimnis und viele Spieler unserer Mannschaften beherzigen dies ja auch. Wir werden also alles geben und dann wird hoffentlich auch das letzte Quäntchen Glück in unsere Waagschale fallen...

Frage: Im Gegensatz zu 2016 findet die EYTCC vor heimischer Kulisse in Bad Blankenburg statt. Im Fußball ist klar, dass es einen Heimvorteil gibt, beim Schach ist man sich da nicht so sicher. Carlsen konnte nicht immer in Stavanger, Norwegen glänzen und Anand hat in Indien seinen Weltmeistertitel verloren. Glaubst du, es wird den Deutschen Mannschaften helfen „zuhause“ zu spielen?

Antwort: Das hoffe ich sehr. Viele von uns kennen die Sportschule Bad Blankenburg bereits, so dass wir von sehr guten Turnierbedingungen ausgehen können. Von den Rahmenbedingungen wie Klima, Sprache, Kommunikationsmöglichkeiten, Essen, Ausgleichssport, etc. sind keine (negativen) Überraschungen zu erwarten. Allerdings müssen wir auf den größten Heimvorteil der Fußballspieler, die anfeuernden Fans auf der Tribüne, leider verzichten.
Auch die sicherlich nicht geringen Erwartungen der Zuschauer müssen wir zu Partiebeginn ausblenden - dann zählen nur noch die Figuren auf dem Brett.

Frage: Die EYTCC ist ein wichtiges Turnier, hast du eine spezielle Vorbereitung oder gilt für dich business as usual?

Antwort: Momentan bin ich noch mit meinem Abitur beschäftigt. Am Tag der letzten Prüfung werde ich die ganzen Schulsachen in den Keller schieben und mich nur noch um Schach kümmern. Den ganzen Tag kann ich dann frei einteilen. So eine Gelegenheit hatte ich bis jetzt noch vor keinem Turnier. Ich hoffe, dass sich das auch in meinem Spiel niederschlagen wird.

Frage: Du bist nicht nur eine der stärksten deutschen Talente im Schach, sondern auch eine begeisterte Fußball-Spielerin. Deshalb die zweite Fussball/Schach-Vergleichsfrage. Im Fußball ist der Teamspirit sehr wichtig, für wie wichtig hältst du den Teamspirit bei einem Event wie der EYTCC?

Antwort: Im Fußball gibt es viel mehr Möglichkeiten für Teamplay. Im Schach ist es ja nicht zulässig, dass die Mannschaftskollegin als Spezialistin für Verteidigung in so einer Phase mal kurz das Brett übernimmt... Im Fußball ist das Alltag. Dennoch ist auch im Schach der Teamspirit wichtig. Deutlich drückt sich das in der einfachen Regel aus: „Mannschaftspunkt geht vor Brettpunkt“.
Die Mädchen spielen in 2-er Mannschaften und da wird das Ganze noch etwas taktischer. Wenn beispielsweise eine Spielerin gewonnen hat, so ist eine Mannschaftsniederlage nicht mehr möglich. Bei einer 1 oder einer 0 durch eine Spielerin, kann das Ergebnis der zweiten Spielerin nur noch zu zwei Mannschaftsergebnissen führen. In der Konsequenz bedeutet dies, dass auch ein gelegentlicher Blick auf das Nebenbrett und ein Remis für die Mannschaft durchaus Sinn machen.
Unter Teamspirit verstehe ich auch die gegenseitige Motivation und Unterstützung vor und nach der Partie, die auch im Schach für ein gutes Mannschaftsergebnis erforderlich ist.

Frage: Du wirst von der Deutschen Sporthilfe gefördert, kannst du uns etwas über die Förderung erzählen, wie es dazu gekommen ist und welche Hoffnungen du damit verbindest?

Antwort: Früher gehörte das Schach nicht zu den von der Deutschen Sporthilfe als förderungsfähig eingestuften Sportarten. Dem Einsatz von Herbert Bastian und weiteren DSB-Funktionären ist es zu verdanken, dass sich dies geändert hat. Nach meiner Goldmedaille bei der EM 2016, kam Bernd Vökler stellvertretend für den DSB auf mich zu und hat mich bei meiner Bewerbung unterstützt. Ich habe mich sehr gefreut, dass mein Antrag tatsächlich angenommen und vor kurzem auch für 2018 verlängert wurde. An dieser Stelle möchte ich allen danken, die mich auf dem Weg dahin unterstützt haben!
Meine jetzige Förderung beinhaltet ideelle Förderung, eine Sportversicherung und eine finanzielle Unterstützung von 150€. Damit habe ich die Möglichkeit, auch entferntere und kostpieligere Turniere und Trainingsangebote wahrzunehmen. Zusätzlich trägt die Deutsche Sporthilfe maßgeblich dazu bei, dass man als Schachsportler auch als Teil der Olympischen Familie betrachtet wird und schachliche Leistungen gleichwertig zu Leistungen in anderen Sportarten gesehen werden.


Fiona, vielen Dank für das Interview

Jonathan Carlstedt



Jonathan Carlstedt


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